Rückblick auf die medienpädagogische Fortbildung
„Waldorfpädagogik vor dem Hintergrund von virtuellen Räumen und Künstlicher Intelligenz“,
07. – 09. November 2024, Rudolf-Steiner-Schule in Düsseldorf
Zwanzig TeilnehmerInnen arbeiteten sich knapp zwei Tage mit Hilfe von Edwin Hübner, Franz Glaw und Kathrin Seeger-Chesnais in das brisante Thema der Medienpädagogik ein. Wie lässt sich ein waldorfpädagogischer Übergang von „Analog“ zu „Digital“ in der unteren Mittelstufe gestalten? Kann man ein Epochenheft aus der Schriftform „erlösen“ und zum Klingen bringen? Was bedeutet es, nicht nur die Kindheit, sondern auch sein weiteres Leben mit den Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz zu verbringen? Wohin führt uns das in Zukunft?
Die Tagung startete mit einem Vortrag von Edwin Hübner zum Fortbildungsthema „Waldorfpädagogik vor dem Hintergrund von virtuellen Räumen und Künstlicher Intelligenz“. Der Musiksaal der Rudolf-Steiner-Schule Düsseldorf füllte sich am Donnerstagabend nicht nur mit den TeilnehmerInnen der Fortbildung, es waren sogar ganze Kollegien anderer Waldorfschulen angereist. Und nicht zuletzt viele Eltern interessierten sich natürlich für dieses Thema, das nicht nur für ihre Sprosslinge zur Herausforderung werden kann. Engagiert stellte Edwin Hübner den Anwesenden vor Augen, wie sich der Gebrauch von K.I. auf unser Mensch-Sein auswirken könnte. Letztlich, so stellte er schließlich heraus, sei der Austausch mit einer K.I. nur der Austausch eines Menschen mit sich selbst, denn alles, was Künstliche Intelligenz den Benutzern mitteile, sei von anderen Menschen (oder auch von uns selbst) vorher als Daten ins Netz gegeben worden. Diese Daten werden von K.I. lediglich in unvorstellbarer Geschwindigkeit gesucht und zu einem Text zusammengestellt. Analysiere man diesen genauer, stoße man dabei durchaus auf Widersprüche, die eine K.I. jedoch aus sich selbst heraus nicht erkennen könne – außer ein Mensch weise sie darauf hin und/ oder frage nach.
Dieses Grundverständnis von der Funktionsweise der K.I. wirkt „entzaubernd“: Es gibt kein allwissendes „Wesen“ auf der anderen Seite (oder in einer virtuellen Welt), sondern letztlich nur einen blitzschnellen „Finder“. Mit diesem Grundverständnis gewappnet, kann K.I. durchaus großartige Möglichkeiten bieten. Doch ist es nicht nur für Lehrende wichtig, den Schüler*innen vorab diese „Entmystifizierung“ von Künstlicher Intelligenz zu vermitteln.
An den folgenden Tagen wurde im Seminar von Edwin Hübner an diesen Gedanken weitergearbeitet.
Ein anderes Seminar widmete sich am nächsten Tag schwerpunktmäßig der unteren Mittelstufe (Klasse 4/5/6). Dort sorgte eine binäre MaMA (= Murmel-Addier-Maschine) für Kopfzerbrechen, Erstaunen und Gelächter: Denn wie bitteschön soll das Einwerfen von Murmeln einen binären Code erklären? Als endlich der Groschen (oder die Murmel) fiel, war die Freude groß und die Erkenntnis gewaltig! Selbst Karten-Zaubertricks ließen sich so auf spielerische Weise durchführen und erklären. Dass diese Inhalte ganze Klassen begeistern können, konnte man auch an den gelösten Gesichtern der Erwachsenen ablesen! Ein aufregender und anregender Kurs von Kathrin Seeger-Chesnais!
Weiße Socken, Mäuse, Elefanten und Bienen – was können die miteinander zu tun haben? Dazu gab es einen Informationstext als inhaltliche Grundlage der Podcasts, welche im Kurs „Das klingende Epochenheft“ (ab Klasse 6) erstellt wurden. In Zweiergruppen interviewten sich die Teilnehmenden gegenseitig, und bei „2.30“, also nach zweieinhalb Minuten musste alles gesagt sein. Gar nicht so einfach! Auch Erwachsene, so stellte sich heraus, sind dabei von Nervosität und Lachanfällen nicht gefeit! Spannend war, dass zehn Interviews auf gleicher Informationsbasis nicht unterschiedlicher hätten ausfallen können. Was für eine vergnügliche Art zu lernen, wie man sich auf das Wesentliche konzentriert! Der QR-Code im Epochenheft lässt diese Interviews anschließend tatsächlich „erklingen“. Die TeilnehmerInnen erhielten von Kursleiter Franz Glaw auch Auskunft darüber, welche Technik man für all das braucht: Was sind im Schulbetrieb die richtigen Mikros und Aufnahmegeräte, welche Verarbeitungs-App bietet sich an usw. Alles nicht unerheblich für die Vorbereitung eines solchen Projekts!
Damit auch die Seele einmal baumeln konnte, gab es selbstverständlich einen künstlerischen Kurs. Leider war Jan Mensebach, Sprachgestalter aus Berlin, erkrankt, so dass Petra Mühlenbrock spontan einsprang und dreistimmig das „Mühlenlied“ aus „Krabat“ mit den Anwesenden einübte. Damit war auch das in der Waldorfpädagogik so wichtige Prinzip des Ein- und Ausatmens in der Fortbildung gewährleistet. Alle hoffen, dass Jan Mensebach beim nächsten Mal dabei sein kann, denn …
In der Abschlussrunde war die Bitte einhellig: Es soll unbedingt eine Fortsetzung im nächsten Jahr geben! Die Mischung aus Studierenden und bereits Lehrenden hatten die TeilnehmerInnen zudem als äußerst befruchtend empfunden. Besonders die Studierenden baten darum, die Medienpädagogik fest in der Waldorf-Ausbildung zu installieren. Doch auch die anwesenden Lehrer*innen betonten, wie unumgänglich eine profunde Aus- und Weiterbildung in diesem Fach sei – das eigentlich nicht nur ein eigenes Fach ist, sondern alle Unterrichte durchziehen sollte.
Der Appell an die LAG Waldorf NRW e.V. kam an; Frau Mühlenbrock als Organisatorin der Fortbildung wird sich um eine Fortsetzung im kommenden Schuljahr kümmern.
Die LAG Waldorf NRW e.V. bedankt sich an dieser Stelle sehr herzlich für die Förderung durch die Waldorf-Stiftung, die die kostenlose Teilnahme der Studierenden ermöglicht hat, sowie bei der Rudolf-Steiner-Schule in Düsseldorf und den dort Lehrenden, die ihre Räume klaglos zur Verfügung gestellt und auch die Übernachtung der Studierenden in dortigen Räumlichkeiten organisiert haben. Ein besonderer Dank gilt Franz Glaw, der stets mit seiner Erfahrung, mit Schlüsseln, Ideen und Knowhow tatkräftig die Organisation der Fortbildung unterstützt hat!